Kurzarbeit: Voraussetzungen & Berechnung vom Kurzarbeitergeld

Kurzarbeit: Voraussetzungen & Berechnung vom Kurzarbeitergeld

Die Coronakrise hat unterschiedlich starke Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft gehabt. Durch die Kontaktbeschränkungen zum Schutz vulnerabler Gruppen gab es in vielen Branchen - beispielsweise in großen Teilen des Einzelhandels - kaum Möglichkeiten, dass Mitarbeiter ihre Tätigkeit ausführen konnten. Das führte dazu, dass im April 2020 für mehr als 6 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland Kurzarbeit angemeldet werden musste. Im Jahresdurchschnitt 2019 lag die Anzahl der Kurzarbeiter noch bei 145.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Erst ab August 2021 registrierte die Bundesagentur für Arbeit wieder weniger als 1 Million Kurzarbeiter. Im Jahr 2023 ist die Zahl der Kurzarbeiter auf das Vorkrisenniveau zurückgegangen. Doch was versteht man überhaupt unter Kurzarbeit? Wem Kurzarbeitergeld zusteht, wann Unternehmen Kurzarbeitergeld beantragen können und natürlich auch wie, sowie in welche Höhe mit welchen Steuer- und Sozialabgaben es ausbezahlt wird, zeigt dieser Artikel.
Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist Kurzarbeit?

Als Kurzarbeit bezeichnet man ein zielorientiertes und erfolgreich implementiertes Arbeitsmarktinstrument, das Unternehmen im Rahmen von konjunktur- oder krisenbedingten Arbeitsausfällen bei der Zahlung der Gehälter der Angestellten unterstützt. 

Mit Kurzarbeit wird das Insolvenzrisiko für Unternehmen minimiert, da die anteilige oder vollständige Zahlung der Löhne und Gehälter der Mitarbeiter für einen festgelegten Zeitraum von der Bundesagentur für Arbeit übernommen wird. Die Beschäftigten arbeiten im Rahmen der Kurzarbeit durch den Arbeitsausfall weniger Stunden als gewöhnlich für den Arbeitgeber.

Im Sozialgesetzbuch III (SGB III) werden ab § 95 die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für Kurzarbeit in Deutschland beschrieben. 

Was ist das Ziel von Kurzarbeit?

Das vorrangige Ziel von Kurzarbeit besteht darin, die Mitarbeiter und deren individuelles Know-how in Zeiten wirtschaftlicher Probleme im Betrieb zu halten, um nach der Krise sofort und gestärkt arbeiten zu können. 

Kurzarbeit als arbeitsmarktpolitisches Steuerungsinstrument für Arbeitgeber wurde in verschiedenen Krisen in Deutschland erfolgreich eingesetzt. Neben der Corona-Pandemie hat Kurzarbeit in der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 viele vorher florierende Unternehmen und Arbeitgeber vor der Insolvenz bewahrt sowie Hunderttausende von Arbeitsplätzen gesichert. 

Was ist das Kurzarbeitergeld? 

Als Kurzarbeitergeld bezeichnet man eine Transferleistung der Bundesagentur für Arbeit, die Mitarbeitern anstelle ihres Nettolohns in Kurzarbeit ausbezahlt wird. Sie ersetzt über einen definierten Zeitraum einen Teil des vertraglich zugesicherten Gehalts oder die Lohnzahlung an den Arbeitnehmer. 

Wer erhält Kurarbeitergeld?

Mitarbeiter in einer sozialversicherungspflichtigen Anstellung, die in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung versichert sind, haben einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

Wer hat keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Beschäftigte im Betrieb, die versicherungsfrei sind, haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Dazu gehören unter anderem:

  • Praktikanten, 
  • Minijobber, 
  • Freelancer,
  • überlassende Arbeitnehmer (i.d.R. Zeitarbeiter) sowie
  • Werkstudenten.

Ebenso Beschäftigte, die vor Beginn der Kurzarbeit Krankengeld beziehen oder sich im Urlaub befinden, haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. 

Was sind die Voraussetzungen für Kurzarbeit(ergeld)? 

Auf Grundlage von § 95 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Auszahlung von Kurzarbeitergeld, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfall (also mit Entgeltausfall),
  2. Erfüllung der betrieblichen und persönlichen Bedingungen
  3. Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Agentur für Arbeit.

Wann liegt ein erheblicher Arbeitsausfall vor?

Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt vor, wenn eindeutige wirtschaftliche oder individuelle Gründe vorliegen, die Kurzarbeit unumgänglich machen. Der Arbeitsausfall muss vorübergehend und nicht vermeidbar sein.

Im jeweiligen Kalendermonat der Kurzarbeit müssen mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Entgeltausfall von mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein. Der Entgeltausfall kann bis zu 100 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betragen. 

Was sind die betrieblichen Voraussetzungen für Kurzarbeit?

Zu den betrieblichen Voraussetzungen gehört vor allem, dass der Betrieb mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigen muss. Schließlich kann Kurzarbeitergeld in jedem Betrieb mit mindestens einem Beschäftigten bezahlt werden. 

Entscheidend ist zudem, dass im Betrieb nachweislich alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern.

Was sind die persönlichen Voraussetzungen für Kurzarbeit?

Die persönlichen Voraussetzungen zur Zahlung von Kurzarbeitergeld betreffen vor allem den Status des Beschäftigten im Betrieb. Der Arbeitnehmer muss sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden und seine Tätigkeit nach Beendigung des Arbeitsausfalls wieder aufnehmen können. 

Wie wird das Kurzarbeitergeld berechnet?

Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgelt des Beschäftigten – beziehungsweise nach den Netto-Einbußen des Arbeitnehmers. Arbeitnehmer, für die von ihrem Unternehmen Kurzarbeit beantragt wird, erhalten von der Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent von der Netto-Differenz (Netto ohne Kurzarbeit – Netto mit Kurzarbeit = Netto-Differenz). Der Auszahlungsbetrag erhöht sich auf 67 Prozent vom ausgefallenen Netto-Entgelt, wenn im Mindestfall ein Kind im Haushalt lebt. 

Beispiel-Berechnung des Kurzarbeitergeldes

Ein kaufmännischer Mitarbeiter in einem Metallbaubetrieb erhält die Information, dass aufgrund erheblicher konjunktureller Schwankungen Kurzarbeit im Betrieb beantragt wird. Er verdient ein reguläres Brutto von 4.000 Euro, wohnt in Niedersachsen und weist einen Kinderfreibetrag von 1,0 für die Lohnsteuer aus. Seine Wochenarbeitszeit beträgt 40 Stunden, wodurch sich 174 Arbeitsstunden im Monat ergeben. Im ersten Monat der Kurzarbeit fallen 100 Arbeitsstunden aufgrund von Kurzarbeit aus. Der Mitarbeiter arbeitet also nur 74 Stunden (also ca. 42 Prozent seiner üblichen Arbeitszeit). Der Angestellte befindet sich in Steuerklasse 3 und ist kirchensteuerbefreit. 

Auszahlungsbetrag mit einer Arbeitszeit von 160 Stunden – ohne KurzarbeitergeldAuszahlungsbetrag bei einer Arbeitszeit von 74 Stunden – mit Kurzarbeitergeld
Arbeitszeit je Monat174 Stunden (40-Stunden-Woche)Arbeitszeit je Monat74 Stunden (durch Wegfall von 100 Arbeitsstunden)
Bruttogehalt4.000 EuroBruttogehalt1.680 Euro
Lohnsteuer277,66 EuroLohnsteuer0,00 Euro
Sozialversicherung816,00 EuroSozialabgaben342,72 Euro
Nettoverdienst2.906,34 EuroNettoverdienst vor Kurzarbeitergeld1.337,28 Euro
  Netto-Differenz1.569,06 Euro
  Leistungssatz 67 Prozent
  Kurzarbeitergeld1.051,27 Euro
  Nettoverdienst nach Kurzarbeitergeld2.388,55 Euro

Während der Arbeitnehmer ohne Kurzarbeit pro Monat einen Nettoverdienst von 2.906,34 Euro aufweisen kann, erhält er bei Kurzarbeit nur ein Gehalt von 1.337,28 Euro. Durch die beantragte Kurzarbeit erhält der Arbeitnehmer jedoch 67 Prozent (höherer Satz wegen Kindern) von der Netto-Differenz in Höhe von 1.569,06 Euro. Dadurch ergibt sich ein Kurzarbeitergeld von 1.051,27 Euro und ein Nettoverdienst von 2.388,55 Euro. Der Arbeitnehmer muss mehr als 500 Euro Einbußen bei seinen monatlichen Bezügen einrechnen. Gleichzeitig behält er seinen Arbeitsplatz. 

Wie erhält man Kurzarbeitergeld? 

Das Kurzarbeitergeld soll einen Entgeltausfall aufgrund von Kurzarbeit im Betrieb ausgleichen. Um Mitarbeiter für die Kurzarbeit anzumelden und den Bezug von Kurzarbeitergeld zu initiieren, muss vom betroffenen Unternehmen ein Antrag bei der örtlichen und zuständigen Agentur für Arbeit gestellt werden. Wird der Antrag auf Kurzarbeit bestätigt, zahlt die Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld an die betroffenen Beschäftigten aus.  

Wie wird das Kurzarbeitergeld beantragt? 

Kurzarbeit wird in vier Schritten bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragt: 

  1. Anzeige der Kurzarbeit mit dem Formular „Anzeige eines Arbeitsausfalls.“ Die schriftliche Information muss in dem Monat bei der Agentur für Arbeit eingehen, in dem die Kurzarbeit beginnen soll. 
  2. Bewilligung der Anzeige: Die Agentur für Arbeit prüft, ob die rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für Kurzarbeit vorliegen, und bewilligt den Antrag. 
  3. Auszahlung: Neben dem verbleibenden Gehalt der Beschäftigten, dessen Höhe abhängig von den Ausfallstunden ist, zahlt der Betrieb in Kurzarbeit in Vorleistung ebenfalls das von der Agentur für Arbeit berechnete Kurzarbeitergeld aus. Dieses wird im Nachhinein von der Arbeitsagentur erstattet. 
  4. Monatliche Beantragung von Kurzarbeitergeld: Für jeden Monat der Kurzarbeit muss ein Antrag auf Erstattung des Kurzarbeitergelds bei der Agentur für Arbeit gestellt werden. 

Weiterführende Hinweise und Videos stellt die Bundesagentur für Arbeit im folgenden Link auf Ihrer Internetseite zur Verfügung. 

Wie lange wird Kurzarbeitergeld ausbezahlt? 

Kurzarbeitergeld kann für bis zu 12 Monate bezahlt werden, wobei die Monate des Bezugs nicht aufeinander erfolgen müssen (=12-monatige Bezugsdauer). Bei einer Unterbrechung von mehr als 3 Monaten muss erneut ein Antrag auf Kurzarbeit bei der örtlichen Agentur für Arbeit gestellt werden. 

Welche Auswirkungen hat die Kurzarbeit auf die Beiträge zur Sozialversicherung?

In der Regel beträgt der Krankenversicherungsbeitrag 14,6 Prozent. Hinzu kommt ein individueller Zusatzbeitrag von der jeweiligen Krankenkasse. Der Pflegeversicherungsbeitrag beläuft sich auf 3,05 Prozent und für kinderlose Arbeitnehmer seit dem 1. Januar 2022 auf 3,4 Prozent. Der Rentenversicherungsbeitrag beträgt 18,6 Prozent und der Arbeitslosenversicherungsbeitrag seit dem 1. Januar 2023 2,6 Prozent. Die Sozialversicherungsbeiträge ändern sich zusammenfassend beim Bezug von Kurzarbeitergeld nicht. 

Ist das Kurzarbeitergeld steuerfrei?

Kurzarbeitergeld ist grundsätzlich lohnsteuerfrei. Es unterliegt wie andere Transferleistungen dem Progressionsvorbehalt, sodass im Rahmen der Einkommensteuererklärung am Jahresende Nachzahlungen bei der Einkommensteuer möglich sind. 

Muss Urlaub zur Vermeidung von Kurzarbeit eingebracht werden?

Gemäß den Regelungen der Agentur für Arbeit zum Bezug von Kurzarbeitergeld muss übertragener Urlaub aus dem Vorjahr im Bezugsjahr zur Vermeidung von Kurzarbeit eingebracht werden, bevor eben dieser Urlaub verfällt. Der reguläre Jahresurlaub im Bezugsjahr ist hiervon nicht betroffen – lediglich der verbliebene Resturlaub.

Was passiert bei Krankheit in Kurzarbeit?

Wird ein Arbeitnehmer während der Kurzarbeit arbeitsunfähig, greift die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Der Mitarbeiter erhält für bis zu 42 Arbeitstage seinen Arbeitslohn sowie Kurzarbeitergeld. Bleibt die Arbeitsunfähigkeit langfristig bestehen, wird das Kurzarbeitergeld vom Bezug von Krankengeld abgelöst. 

Können Arbeitnehmer während Kurzarbeit gekündigt werden?

Es ist möglich, Mitarbeiter während der Kurzarbeit zu kündigen. Dies kann zum Beispiel notwendig werden, wenn ein Arbeits- oder Aufgabenbereich während der Kurzarbeit rationalisiert oder geschlossen wird. In diesem Fall kann eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden, wenn die Notwendigkeit der Kündigung nachweisbar ist. Vor der betriebsbedingten Kündigung muss geprüft werden, ob Kündigungen während der Kurzarbeit durch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ausgeschlossen sind.

Arbeitgeber versichern bei der Beantragung von Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit, dass der Arbeitsausfall vorübergehend ist. Aus diesem Grund muss eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit im Detail erklärt werden und nachvollziehbar sein. 

Betrifft Kurzarbeit stets den ganzen Betrieb oder nur einzelne Bereiche?

Kurzarbeit kann den gesamten Betrieb oder einzelne Abteilungen betreffen. Ein Einzelhandelsgeschäft war während der Corona-Pandemie beispielsweise in seiner Gesamtheit von Kurzarbeit betroffen. Während einer konjunkturellen Krise kann hingegen ein Arbeitsbereich stark betroffen sein, während andere Bereiche und Abteilungen wenig von den Auswirkungen betroffen sind. 

Was sind die Vor- und Nachteile von Kurzarbeit? 

Kurzarbeit bietet Arbeitgebern sowohl Vor- und Nachteile. Die wichtigsten davon möchten wir Ihnen in der folgenden Tabelle vorstellen:

Vorteile Kurzarbeit für ArbeitgeberNachteile Kurzarbeit für Arbeitgeber
Kein Verlust von Know-how, da Beschäftigte trotz Krise im Betrieb gehalten werdenLohn- und Gehaltseinbußen senken das Zufriedenheitsniveau der Beschäftigten
Löhne und Betriebskosten können gesenkt werden, ohne Personal zu entlassenBürokratischer Aufwand bei der Beantragung von Kurzarbeit
Subvention der Löhne und Gehälter gibt Unternehmen und Arbeitgebern in Krisenzeiten finanziellen Spielraum für InvestitionenDie Attraktivität als Arbeitgeber sinkt, wenn im Unternehmen Kurzarbeit aufgrund eines Arbeitsausfalls und Entgeltausfalls beantragt wurde
Der Arbeitsmarkt wird entlastetSehr gut ausgebildete Fachkräfte verlassen den Betrieb aufgrund anderer Angebote