Geringer Lohnrückstand: Mitarbeiter können nicht einfach zu Hause bleiben

Um Lohnansprüchen Nachdruck zu verleihen, raten viele Arbeitsrechtler oder Arbeitnehmervertreter den Mitarbeitern, bei rückständigem Lohn einfach zu Hause zu bleiben. Einfach die Arbeit zu verweigern, ist aber oft nicht das richtige Mittel und manchmal auch gar nicht erlaubt.

Bei Geld hört jede Freundschaft auf! Aber nicht nur Freundschaften, sondern auch Arbeitsverhältnisse leiden darunter, wenn eine Seite ihre Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht erfüllt. Das gilt vor allem für die Pflicht des Arbeitgebers, seinen Mitarbeitern rechtzeitig den Lohn zu zahlen. Ist das Geld nicht pünktlich auf dem Konto, verstehen die meisten Arbeitnehmer keinen Spaß mehr. Um Lohnansprüchen Nachdruck zu verleihen, raten viele Arbeitsrechtler oder Arbeitnehmervertreter den Mitarbeitern, bei rückständigem Lohn einfach zu Hause zu bleiben. Einfach die Arbeit zu verweigern, ist aber oft nicht das richtige Mittel und manchmal auch gar nicht erlaubt.

Lohnrückstand: Es gibt ein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht

Ohne Lohn keine Arbeit! Mit diesem Schlagwort begegnen Betriebsräte, aber auch einzelne Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber gerne, wenn dieser in einer wirtschaftlichen Notlage ausnahmsweise den Lohn nicht pünktlich überweisen kann. Grundsätzlich haben sie damit sogar recht. Erfüllt nämlich eine Partei ihre Pflichten aus einem laufenden Arbeitsverhältnis nicht, kann die andere Seite oftmals ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Nach § 273 Abs. 1 BGB ist dies solange der Fall, wie die andere Seite ihre Leistung nicht erbringt. Das gesetzliche Zurückbehaltungsrecht ist deswegen eine gutes Mittel für Sie als Arbeitgeber, um Druck auf Ihre Mitarbeiter auszuüben, damit diese ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen. Das beste Beispiel: Legt der Mitarbeiter im Falle einer Krankheit seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig vor, können Sie als Arbeitgeber die ihrem Mitarbeiter zustehende Lohnfortzahlung so lange zurückhalten, bis Sie den “gelben Schein” auf dem Tisch liegen haben.

Lohnrückstand: Keine Leistungsverweigerung bei kurzen Verzögerungen oder geringem Rückstand

Was Ihnen als Arbeitgeber recht ist, ist ihren Mitarbeitern aber billig. Gerade im Falle verspäteter Lohnzahlungen, können Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung so lange zurückhalten, bis Sie als Arbeitgeber den Lohn bezahlt haben. Das gilt aber nicht in jedem Fall. Ist der Lohn, mit dem Sie sich als Arbeitgeber im Rückstand befinden, verhältnismäßig gering, droht Ihnen als Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung Ihres Mitarbeiters ein unverhältnismäßig großer Schaden oder hat sich die Zahlung des Gehalts nur kurzfristig verzögert, muss Ihr Mitarbeiter zur Arbeit erscheinen. In solchen Fällen haben Arbeitnehmer nämlich grundsätzlich kein Recht auf Leistungsverweigerung.

Lohnrückstand – Gerichtsurteil:

Dies entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein. Die Richter aus dem hohen Norden hatten einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mitarbeiter sich auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen hatte, als der Lohn nicht pünktlich auf seinem Konto war. Der Mitarbeiter sah nicht ein, weiterhin zu arbeiten, wenn er dafür sein Geld nicht rechtzeitig bekomme. Das LAG wies den verärgerten Mitarbeiter aber schnell in seine Schranken. Denn auch Arbeitsverweigerung habe nämlich dort eine Grenze, wo die Interessen des Arbeitgebers an der Arbeitsleistung seines Mitarbeiters mehr Bedeutung zukomme, als dem Interesse des Mitarbeiters, seine Arbeitskraft zurückzuhalten, um diese als Druckmittel zu verwenden.

In dem konkreten Fall entschieden die Richter, dass der Beschäftigte die Arbeit nicht schon dann niederlegen könne, wenn der Lohnrückstand relativ gering sei, die zu erwartende Zahlungsverzögerung lediglich kurzfristig sei, dem Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung seines Mitarbeiters ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen könne oder der Lohnanspruch des Mitarbeiters auf andere Weise gesichert sei. In diesen Fällen, so entschied das LAG Schleswig-Holstein, müsse der Arbeitnehmer die Grenzen von Treu und Glauben beachten. Mit anderen Worten: In den genannten Fällen müssen Arbeitnehmer zur Arbeit erscheinen, obwohl sie ihr Gehalt noch nicht oder noch nicht komplett bekommen haben.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.11.2004, Aktenzeichen: 5 Sa 202/04