Baumaßnahmen: So erkennen Sie rechtzeitig Nachträge
Während in der Angebotsphase nur ganz offensichtliche Unstimmigkeiten oder das Nichteinhalten von Normen und Regeln erkannt und beachtet werden müssen, sind in der Arbeitsvorbereitung und Ausführung alle Aspekte zu erkennen und in Nachträge umzusetzen.
1. Finden Sie die Fehler der Ausschreibung
Die Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit ei- ner Ausschreibung liegt beim Ersteller dieser Unterlagen, also meist beim im Kundenauftrag tätigen Planer und nicht beim Anbieter. Auch wenn dies im Auftragsfall von den Betreffen- den mitunter anders gesehen wird mit dem Hinweis, dass man als Fachfirma Unstimmigkeiten hätte erkennen und beachten müssen.
Da die Leistungsbeschreibung häufig nur auf der Grundlage der Entwurfs- oder Baugesuchsplanung erstellt wird und viele Details erst in der Ausführungsplanung und in weiteren Kundengesprächen festgelegt werden, ist die Beschreibung der Leistung in der Ausschreibung
- mitunter zu wenig aussagekräftig,
- ungenau, manchmal ergänzungsbedürftig oder auch falsch,
- gelegentlich fehlen Teile der Leistung komplett,
- nicht selten kommen auch ausgeschriebene Leistungen nicht zur Ausführung und
- Mengenvordersätze in den einzelnen Positionen werden oft nur überschlägig ermittelt, teilweise auch nicht korrekt berechnet oder großzügig aufgerundet. Beides bietet häufig die Grundlage für Nachtragsforderungen.
2. Suchen Sie systematisch nach Unstimmigkeiten in Plänen
Mitunter weichen auch einzelne Pläne voneinander ab, z. B. die Werk- bzw. Schal- und Bewehrungspläne oder Pläne der Haustechnik. Wenn sich die dem Vertrag zugrunde liegende Planung und Leistungsbeschreibung widersprechen und im Vertrag keine eindeutige Rangfolge zwischen der Leistungsbeschreibung und dem Angebots- oder Vertragsplan festgelegt ist, kann es einerseits zu Auslegungsschwierigkeiten kommen, andererseits bieten sich nach der endgültigen Klärung häufig Nachtragspotenziale für Sie.
Achten Sie zukünftig darauf, dass die Rangfolge der Unterlagen im Vertrag eindeutig definiert wird; es erleichtert die Arbeit ungemein. Meist wird ein Vorrang der Pläne sinnvoll sein, da sie häufig detaillierter sind als die Leistungsbeschreibung.
3. Erkennen Sie das Nichteinhalten der Normen bzw. der Regeln der Technik
Sie als Fachfirma und Auftragnehmer müssen Ihre Leistungen im Rahmen der anerkannten Regeln der Technik bzw. der geltenden Normen erbringen, wobei es zwischen diesen beiden Grundlagen häufig Unterschiede gibt; bei älteren Normen ist dies fast zwangsläufig so.
Daher müssen Sie die Übereinstimmung der vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Ausführungsunterlagen mit diesen Regeln und Normen schnell und sorgfältig prüfen. Erkennen Sie dabei Abweichungen, ist z. B. für eine bestimmte Dacheindeckung eine Neigung von 6° erforderlich und hat der Planer nur 6 % vorgesehen, müssen Sie diese begründeten Bedenken umgehend und direkt dem Auftraggeber mitteilen.
Sofern dem keine gesetzlichen Regelungen entgegenstehen, kann der Auftraggeber entscheiden, ob er den Bedenken Rechnung tragen und die Art der Ausführung ändern will oder ob er die Bedenken nach Rücksprache mit seinen Bauberatern nicht teilt und dann selbst das Risiko der abweichenden Ausführung trägt. Wird die Leistung geändert, muss das Unternehmen prüfen, ob Mehrkosten, Behinderungen oder Verzögerungen entstehen, und diese ggf. schriftlich als Nachtrag anmelden.
Führen Sie aber auf keinen Fall eine solche Leistung ohne die ausdrückliche Beauftragung und Klärung der Haftung aus. Wenn gesetzliche Regelungen der Ausführung widersprechen, müssen Sie auch entsprechende Anweisungen des Auftraggebers ignorieren und ihn gesondert darauf hinweisen.
Fazit: Werden Unstimmigkeiten, Abweichungen und Nachtragspotenziale rechtzeitig erkannt, profitieren alle Baubeteiligten davon, denn nur dann hat man die Möglichkeit, in Ruhe und ohne Hektik die einzelnen Punkte zu klären, die gewünschte und richtige Ausführung festzulegen und dafür die entsprechenden preislichen Vereinbarungen zu treffen.
Wenn diese Punkte erst in der Bauphase erkannt werden, bleibt oft nur die Zeit für wenig sinnvolle Schnellschüsse, oder Ihnen wird im Rahmen des Dispositionsrechts des Kunden zwar der Auftrag bezüglich einer bestimmten zusätzlichen oder geänderten Leistung erteilt, aber Sie wissen dann nicht, wie Sie dafür vergütet werden. Ein nach der VOB/B leider zulässiger, für Sie aber eher negativer Um- stand.