Zulagen für Teilzeitkräfte: Falsche Kürzung bewirkt Nachzahlungen

Ein ganz aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt: Wenn Sie das Entgelt für Ihre Teilzeitkräfte festlegen, müssen Sie vorsichtig sein. Kürzen Sie bestimmte Entgeltbestandteile nicht korrekt, droht eine Niederlage vor dem Arbeitsgericht.

So müssen Sie beispielsweise Funktionszulagen unabhängig von der Arbeitszeit zahlen (Urteil vom 18.3.2009, AZ: 10 AZR 338/08). Andererseits sollte das Entgelt für eine Teilzeitkraft aber nicht höher als nötig ausfallen – wenn Sie nicht dort kürzen, wo Sie eigentlich dürften. Gehen Sie bei der Kürzung von Entgeltbestandteilen für Teilzeitbeschäftigte nicht korrekt und rechtssicher vor, kann es Ihnen ergehen wie der Arbeitgeberin im aktuellen Streitfall vor dem BAG: Diese zahlte Mitarbeitern ab einer Stundenzahl von 24 pro Woche an einer Ausgangskasse eine Funktionszulage. Eine Teilzeitkraft war in mehreren Wochen weniger als 24 Stunden an der Ausgangskasse tätig. Sie war der Ansicht, trotzdem einen Anspruch auf die Zulage zu haben. Das BAG gab ihr Recht: Sie könne die Zulage verlangen, solange sie den gleichen Anteil ihrer Gesamtarbeitszeit an der Ausgangskasse verbringe wie eine Vollzeitkraft mit 38 Wochenstunden (also 24/38). Eine anderweitige Regelung benachteilige Teilzeitkräfte nach § 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

Teilzeitkräfte: Es kommt auf die Zulage an

Eine Funktionszulage knüpft an eine bestimmte Tätigkeit an. Daher müssen Sie die Zulage auch allen Mitarbeitern zahlen, die die jeweilige Tätigkeit ausüben. Sie dürfen und müssen den Umfang bei Teilzeitkräften in das entsprechende Verhältnis zum Umfang bei Vollzeitkräften setzen. Im oben genannten Fall würde das Folgendes bedeuten: Die Vollzeitkräfte (38 Wochenstunden) erhalten die Funktionszulage, wenn sie mehr als 24/38 ihrer Arbeitszeit an der Ausgangskasse verbringen. Also muss auch eine Teilzeitkraft die Zulage erhalten, wenn sie mehr als 24/38 ihrer Arbeitszeit an der Ausgangskasse verbringt.

Beispiel: Eine Teilzeitkraft arbeitet mit 16 Wochenstunden. Sie verbringt pro Woche 12 Stunden an der Ausgangskasse. 24/38 von 16 sind 10,11 Stunden. Da die Teilzeitkraft mehr als 10,11 Stunden, nämlich 12 Stunden, an der Ausgangskasse verbringt, hat sie Anspruch auf die Zulage.

Unterschiede je nach Arbeitszeit dürfen Sie beispielsweise bei so genannten Erschwerniszulagen (z. B. Lärmzulage) machen. Hier können Sie davon ausgehen, dass die „Erschwernis“ erst ab einer – bestimmten Zeitdauer beginnt und Sie deshalb auch die Zulage erst zahlen, wenn diese Zeitdauer erreicht ist. Funktionszulagen erhalten Mitarbeiter dagegen unabhängig von einer Erschwernis gezahlt. Sie dürfen deshalb nicht entsprechend gekürzt werden.

Teilzeitkräfte: Wann „anteilig“ sein muss

Sie sind durch § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG gerade nicht zur willkürlichen, sondern zur anteiligen Gleichbehandlung – unter Berücksichtigung der geringeren Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten – verpflichtet.

Beispiel: Sie kürzen für alle Mitarbeiter – gleichgültig, ob es sich dabei um eine Vollzeit- oder eine Teilzeitkraft handelt – das Gehalt um 300 €. Damit verstoßen Sie gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitkräften. Möglich wäre dagegen allenfalls

  1. eine Kürzung um 300 € für alle Vollzeitbeschäftigten und eine entsprechend anteilige Kürzung für die Teilzeitbeschäftigten oder
  2. eine prozentuale Kürzung zu gleichem Prozentanteil.

Beispiel: Jeder Mitarbeiter muss zukünftig auf 2 % seines Entgelts verzichten.

Teilzeitkräfte: Hier dürfen Sie Unterschiede machen

Ungleich behandeln dürfen Sie Teilzeitbeschäftigte und Vollzeitkräfte hinsichtlich der Bezahlung immer dann, wenn Sie hierfür einen sachlichen Grund haben:

1. Sie gewähren Ihren Vollzeitbeschäftigten gerade wegen der Vollzeitbeschäftigung bevorzugt oder ausschließlich eine so genannte unteilbare Leistung. Ihre Mitarbeiter in Teilzeit sind nicht oder weniger darauf angewiesen.

Beispiel: Ihr Unternehmen stellt den Mitarbeitern Hortplätze (ganztags) in einem Betriebskindergarten zur Verfügung. Bei der Verteilung der Plätze haben Vollzeitkräfte Vorrang vor Teilzeitkräften. Diese Unterscheidung ist nicht diskriminierend, da Mitarbeiter in Vollzeit den ganzen Tag beansprucht werden und es für sie deshalb wichtiger ist, ihre Kinder untergebracht zu wissen. Wenn ein Hortplatz nicht teilbar ist, können Sie Ihren Mitarbeitern auch keinen Platz entsprechend ihrer Arbeitszeit anbieten. Würden Sie dagegen auch Kindergartenplätze (grundsätzlich nur bis mittags) zur Verfügung stellen, dürften Sie Ihre Teilzeitbeschäftigten nicht ausschließen bzw. die Vollzeitkräfte bevorzugen.

2. Sie verbinden mit einer Leistung einen Zweck, der bei einem Mitarbeiter mit reduzierter Arbeitszeit in geringerem Umfang verbunden ist.

Beispiel: Sie zahlen eine Gratifikation, die an den Umfang der geleisteten Arbeit anknüpft.

3. Die Bezahlung ist aus Gründen, die auch bei Vollzeitbeschäftigten zu einer Differenzierung führen würden, unterschiedlich.

Beispiel: Sie zahlen einer Teilzeitkraft einen niedrigeren Stundenlohn, weil diese eine geringere Qualifikation oder weniger Berufserfahrung aufweist als eine vergleichbare Vollzeitkraft.

Teilzeitkräfte: Bei Verstößen drohen Ihnen Nachzahlungen

Diskriminiert Ihre Gehaltsfestsetzung oder die Kürzung von Entgeltbestandteilen ohne sachlichen Grund eine Teilzeitkraft, ist die entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag automatisch nichtig. Sie entfaltet keine Wirkung. Der Arbeitnehmer hat dann einen Anspruch nach § 612 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch auf die übliche Vergütung – und zwar rückwirkend. Diese orientiert sich in der Regel an dem Entgelt, das Sie Vollzeitkräften mit vergleichbarer Qualifikation, Aufgabenstellung etc. zahlen.

Achtung: Der Anspruch auf entsprechende Festsetzung des Entgelts besteht unabhängig von Ihrem Verschulden.