Diese Azubis genießen besonderen Kündigungsschutz

Kündigungen bei Auszubildenden sind ein Thema für sich. Es lauern Fallstricke zuhauf – gerade dann, wenn die Probezeit bereits vorbei ist. Ganz besonders kritisch ist es allerdings, wenn Azubis besonderen Kündigungsschutz genießen. Denn dieser gilt in der Regel auch schon während der Probezeit.

Besonderer Kündigungsschutz gilt beispielsweise für Mitglieder der JAV, aber auch für Schwangere, Schwerbehinderte und zum Wehrdienst einberufene Auszubildende. In diesem Beitrag erfahren Sie, worauf Sie achten müssen, was trotzdem möglich ist, aber auch, welche heißen Eisen Sie am besten gar nicht erst anfassen.

Mitglieder der JAV: Geschütztes Ehrenamt

Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) genießen besondere Rechte. Sie sind nicht nur für ihren ehrenamtlichen Zusatzjob unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen und haben Anrecht auf spezielle Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Sie haben vielmehr in der Regel auch ein Recht auf eine Übernahme nach der Ausbildung in ein festes Arbeitsverhältnis (s.o.). Und zudem: Sie unterliegen wie Betriebsratsmitglieder auch einem besonderen Kündigungsschutz. Das hat konkret folgende Auswirkungen:

  1. Auch in der Probezeit können diese Auszubildenden nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Das heißt, mit der Wahl in die JAV ist die Probezeit faktisch vorbei.
  2. Nach der Probezeit ist nur eine Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Dieser Einschnitt ist zunächst einmal kein großer, gilt das doch generell in Ausbildungsverhältnissen. Aber: Der besondere Kündigungsschutz besteht auch über das Ausbildungsverhältnis hinaus, wenn der Mitarbeiter dann noch immer Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist. Und: Er gilt zudem noch ein ganzes Jahr nach Ausscheiden des Azubis aus der JAV.
  3. Im Unterschied zur fristlosen Kündigung eines „normalen“ Azubis können JAV-Mitglieder nur gekündigt werden, wenn der Betriebsrat zustimmt. Das geht aus § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVerfG) hervor. Damit liegen auch hier die Hürden höher, wobei sich der Ausbildungsbetrieb die fehlende Zustimmung durch den Betriebsrat vom Arbeitsgericht ersetzen lassen kann.

Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht nur für Auszubildende und Jugendliche, die erfolgreich in die JAV gewählt wurden. Sie gilt auch für erfolglose Wahlbewerber und Mitglieder des Wahlvorstands. Diese genießen die erweiterten Rechte in den 6 Monaten nach der Wahl.

Schwangere und Wöchnerinnen: Arbeitsplatzschutz geht vor

Wird eine Auszubildende schwanger, dann greift ein umfassender Kündigungsschutz. Eine Kündigung durch Sie als Ausbildender ist für die Zeit der Schwangerschaft und vier Monate über die Entbindung hinaus nicht zulässig (§ 9 Mutterschutzgesetz). Diese Regelung gilt, wenn

  • Ihnen die Schwangerschaft bzw. die Entbindung zum Zeitpunkt der Kündigung bekannt gewesen war oder
  • Ihnen innerhalb von 2 Wochen nach der Kündigung die Schwangerschaft mitgeteilt wurde.

Ein Nachweis darüber muss in angemessener Form erbracht werden, beispielsweise durch ein ärztliches Attest. Eine Überschreitung der 2-Wochen-Frist ist dann zulässig, wenn die Auszubildende an der Verzögerung keine Schuld trifft. Das wäre bei einer stationären Behandlung einer akuten Erkrankung bzw. von starken Schwangerschaftskomplikationen der Fall, die eine Kontaktaufnahme mit dem Ausbildungsbetrieb vorübergehend unmöglich machten. Dieser besondere Kündigungsschutz gilt auch bereits in der Probezeit. § 22 des Berufsbildungsgesetzes, in dem u. a. die recht unkomplizierte Probezeit-Kündigung geregelt ist, wird hier eindeutig vom § 9 des Mutterschutzgesetzes dominiert: Auch in der Probezeit ist die Kündigung von Schwangeren grundsätzlich untersagt.

Aber selbst von dieser strengen Regelung kann es Ausnahmen geben. Bei extremem Fehlverhalten nämlich sieht der Gesetzgeber auch einen Schutz des Ausbildungsbetriebs vor. Wenn beispielsweise die betroffene Auszubildende erheblich Gewalt anwendet und andere dadurch zu Schaden kommen, wenn sie mit Mord und Totschlag droht oder sich gegenüber dem Ausbildungsbetrieb kriminell verhält. Allerdings müssen die Vorwürfe beweisbar sein. Zudem muss die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde der Kündigung vorher zugestimmt haben.

Übrigens: Das Kündigungsverbot gilt nicht für die schwangere Auszubildende selbst. Sie kann durchaus im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch das Berufsbildungsgesetz kündigen. Zudem kann sie nach § 10 des Mutterschutzgesetzes auch zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung kündigen. Sie muss dabei keine Frist einhalten.

Letztlich gibt es noch die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis mit einer Schwangeren durch einen Aufhebungsvertrag aufzulösen. Damit müssen allerdings beide Seiten einverstanden sein. Zudem muss der Vertrag ohne Druck auf die Auszubildende zustande kommen. Um Missverständnisse zu vermeiden, muss der Aufhebungsvertrag schriftlich abgeschlossen werden.

Beachten Sie: Besonderer Kündigungsschutz gilt auch für Väter und Mütter, die sich in Elternzeit befinden.

Schwerbehinderte Auszubildende: Integrationsamt einbeziehen

Besonderheiten ergeben sich auch, wenn Sie schwerbehinderte Auszubildende beschäftigten. Wollen Sie kündigen, dann ist eine Zustimmung des Integrationsamtes in der Regel unverzichtbar. Das gilt auch für Kündigungen aus wichtigem Grund.

So läuft das ab: Beantragen Sie die Zustimmung innerhalb von 2 Wochen, nachdem Ihnen der Kündigungsgrund (z. B. das Fehlverhalten des Azubis) bekannt wurde. Maßgeblich ist der Eingang des Antrags beim Integrationsamt. Das Amt entscheidet dann innerhalb von 2 Wochen über die Kündigung. Meldet sich das Integrationsamt während dieser Zeit nicht bei Ihnen, dann gilt die Zustimmung als erfolgt.

Beachten Sie: Stimmt das Integrationsamt zu, dann müssen Sie unmittelbar danach die Kündigung aussprechen!

Zu Ihren Gunsten gilt: Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch IX ist eine Zustimmung des Integrationsamtes innerhalb der ersten 6 Monate eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich. Das gilt auch für Berufsausbildungsverhältnisse!

Damit ist klar: Für eine Probezeitkündigung brauchen Sie das Amt in der Regel nicht. Zudem können Sie auf die Zustimmung des Integrationsamtes verzichten, wenn Sie aus wichtigem Grund nach der Probezeit kündigen, solange das Ausbildungsverhältnis noch keine 6 Monate lang existiert.

Allerdings gibt es für diese 6 Monate eine einschränkende Besonderheit: Sie müssen die Kündigung dem Azubi vorher ankündigen. Nur wenn dieser bis zum Ausspruch der Kündigung dem Vorhaben nicht widerspricht, bleibt das Integrationsamt außen vor.

Zum Wehrdienst einberufen: Kündigungen stark eingeschränkt

Auszubildende, die nach Abschluss des Ausbildungsvertrages einen Einberufungsbescheid zum Wehrdienst erhalten, genießen umfassenden Kündigungsschutz. Das gilt auch für die gesamte Zeit des Grundwehrdienstes, wenn der Azubi diesen während der Ausbildung antritt.

Beachten Sie dabei: Als Ausbildungsbetrieb behalten Sie allerdings das Recht auf eine Kündigung aus wichtigem Grund.

Was heißt das in der Praxis?

  • Eine klassische Probezeitkündigung ist nicht möglich.
  • Sie können allerdings während der Probezeit und danach kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
  • Hat der Azubi den Wehrdienst während der Ausbildung angetreten, wird in der Regel kein wichtiger Grund vorliegen, da der Azubi nicht anwesend ist. Erhalten Sie aber erst während dieser Zeit Kenntnis von einem wichtigen Grund, der auf einen Vorfall vor dem Wehrdienst (aber nach der Einberufung) zurückgeht, besteht auch die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung.