Rufbereitschaft: Das 7-Punkte-Programm für mehr Gesundheitsschutz
Da sich – um bei dem Beispiel zu bleiben – nachts nicht am laufenden Band Rohrbrüche ereignen, ist Schichtarbeit wegen des zu geringen Arbeitsanfalls hier keine geeignete Lösung. Statt- dessen werden Mitarbeiter bestimmt, die zwar wie ihre Kollegen abends nach Hause gehen dürfen, aber auf Abruf sofort zu einem dringenden Arbeitseinsatz hinausmüssen, auch mitten in der Nacht.
Abgesehen von klassischen Branchen wie Rettungsdienste, Feuerwehr, Krankenpflege usw. ist Rufbereitschaft auch in der Industrie (z. B. bei Energieversorgern) und im Handwerk (Schlüsseldienst) verbreitet. Sie gehört daher für viele Beschäftigte zum Arbeitsalltag – mitsamt den daraus resultierenden Risiken.
Rufbereitschaft: Was der Gesundheit schadet
Arbeit auf Abruf schränkt den Erholungswert der Freizeit ein, selbst wenn es gar nicht zu einem Einsatz kommt. Viele klagen darüber, dass sie in Zeiten mit Rufbereitschaft nur unruhig oder gar nicht schlafen können. Alleinerziehende müssen ggf. eine Betreuung für ihre kleinen Kinder organisieren.
Darüber hinaus sind für die gesundheitlichen Belastungen durch Rufdienste vor allem ausschlaggebend:
- die Dauer der Arbeitszeit: Wer ohnehin schon Überstunden schiebt, wird durch Rufbereitschaft umso mehr beansprucht
- die Häufigkeit der Rufdienste
- deren Länge: ein Samstag oder ein komplettes Wochenende?
- deren Lage: in der Nacht oder nur morgens eine Stunde an einem arbeitsfreien Tag, um einzuspringen, wenn sich ein Kollege krankmeldet
- die Anzahl der aufeinanderfolgenden Rufdienste
- die Art der Tätigkeit bei einem Rufbereitschaftseinsatz, z. B. erhebliche Konzentrationsanforderungen bei Arbeiten mit erhöhter Unfallgefahr.
Mit diesen 7 Maßnahmen können Sie die Belastungen reduzieren
Je nach Art und Größe Ihres Betriebs bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, Belastungen durch unvermeidliche Rufbereitschaftsdienste zu begrenzen. Prüfen Sie, welche von den folgenden Ansätzen am besten auf Ihre Situation passen:
- Stellen Sie Alleinerziehende mit kleinen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen möglichst von der Bereitschaft frei.
- Setzen Sie auf Freiwilligkeit und lassen Sie die Kollegen nach Möglichkeit selbst untereinander aushandeln, wer wann rufbereit ist. Sorgen Sie dafür, dass sie ihre Dienste kurzfristig untereinander tauschen können – so werden private Belange besser berücksichtigt.
- Wer ohnehin schon an der Obergrenze der erlaubten Arbeitszeit ist, sollte von zusätzlichen Diensten ausgenommen werden.
- Ansonsten sollten Sie in größeren Betrieben die Rufdienste auf möglichst viele Schultern verteilen.
- Als kleiner Betrieb sollten Sie die Möglichkeit prüfen, an einem überbetrieblichen Rufdienstpool (wie z. B. für Aufzug-Notfälle) teilzunehmen, um Ihre Mitarbeiter zu entlasten.
- In manchen Fällen lässt sich durch eine qualifizierte Fehlerdiagnose am Telefon oder per Computer der Einsatz vor Ort verhindern. Treffen Sie außerdem klare Festlegungen, was ein Notfall ist und was nicht (z. B. ein stecken gebliebener Aufzug nur, wenn Personen eingeschlossen sind).
- Veranlassen Sie, dass bei erhöhter Stressbelastung (z. B. Nachteinsätze in sozialen Brennpunkten) oder Unfallgefährdung (Reparaturarbeiten im Chemiebetrieb) möglichst immer 2 Mitarbeiter hinausgeschickt werden. Bei risikolastigen Einsätzen gibt es den Mitarbeitern mehr Sicherheit, wenn sie sich zwischendurch oder nach dem Einsatz bei einer Telefonzentrale melden müssen.
Halten Sie die Höchstarbeitszeiten ein
Wichtig: Stellen Sie grundsätzlich sicher, dass die zulässigen Höchstarbeitszeiten und der Freizeitausgleich nach ggf. gelten- den Tarifvereinbarungen und dem Arbeitszeitgesetz eingehalten werden. Sobald ein Kollege während der Rufbereitschaft in Aktion tritt, sind diese Einsatzzeiten Arbeitszeit. Dann müssen Sie die Zeiten der normalen Schicht und die Arbeitszeiten in der Rufbereitschaft addieren, um die tatsächliche Arbeitszeit für den Tag zu ermitteln. Nach dem Arbeitszeitgesetz sind nur maximal 10 Stunden Arbeitszeit pro Tag zulässig; was darüber hinausgeht, müssen Sie entsprechend ausgleichen (§ 3).