Der Fall: Es ging um einen Angestellten, der bei seiner Arbeitgeberin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden beschäftigt war. Das Arbeitsverhältnis kann (aufgrund des einschlägigen Tarifvertrags) durch die Arbeitgeberin nur noch aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Am 30.5.2015 wies das Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters einen Zeitsaldo von 55,9 Minusstunden auf. Zuvor war er bereits mehrfach abgemahnt sowie ermahnt worden. Einmal wegen der Nutzung dienstlicher Zeit für andere Belange, ein weiteres Mal wegen Krankschreibungsbetrugs sowie unter anderem mehrfach wegen zu späten Beginns bzw. zu früher Beendigung seiner Arbeit. Schließlich kündigte die Arbeitgeberin dem Mitarbeiter am 29.6.2015 fristlos. Der Personalrat hatte der Kündigung zugestimmt:
„Aufgrund der Summe der zahlreichen und vielfältigen Vorfälle, die zu der beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung von ... geführt haben, stimmt der Personalrat dieser zu.“
Der Beschäftigte wehrte sich gegen die Kündigung, scheiterte aber.
Die Entscheidung: Nach Ansicht des LAG lag hier insgesamt eine erhebliche, die Schwelle zum wichtigen Grund überschreitende Pflichtverletzung vor. Arbeitszeittricksereien, eine hohe Anzahl von Minusstunden etc. führten insgesamt dazu, dass der Arbeitgeberin die Fortsetzung der Beschäftigung nicht mehr zugemutet werden konnte.
Fazit: Es handelte sich hier um eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung. Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das sogenannte Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht Sanktion für die Vertragspflichtverletzung, sondern dient der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Hier hat er beharrlich und schwerwiegend gegen die Zeitvorgaben aus der Dienstvereinbarung und damit gegen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit steigender Tendenz verstoßen, obwohl er mehrere „Anstöße“ durch Vorgesetzte – und sein ungekürztes Gehalt – erhielt. Die Arbeitgeberin durfte davon ausgehen, dass sie auch in Zukunft auf „taube Ohren“ stoßen würde.