Auf der anderen Seite pochen ertappte Mitarbeiter aber stets darauf, dass ihnen ohne eine entsprechende Abmahnung nicht gekündigt werden kann. Dies führt dazu, dass manche Mitarbeiter ihre Möglichkeiten gerne ausreizen und Sie als Arbeitgeber zur Weißglut treiben. Als Arbeitgeber aber müssen Sie sich nicht alles gefallen lassen. Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein stärkt Ihnen den Rücken.
In dem konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer im Jahre 2002 bei seinem Arbeitgeber eine Urlaubsverlängerung beantragt. Sein Chef aber zuckte nur mit den Schultern und lehnte die Urlaubsverlängerung ab. Dies aber machte den Mitarbeiter so wütend, dass er seinem Arbeitgeber drohte, sich für den gewünschten Verlängerungszeitraum kurzerhand krankschreiben zu lassen, wenn seinem Urlaubswunsch nicht entsprochen würde. Ein solches Verhalten konnte sich der Arbeitgeber natürlich nicht gefallen lassen. Und das tat er auch nicht. 10 Tage später flatterte dem uneinsichtigen Mitarbeiter eine Abmahnung in den Briefkasten. Mit dieser Abmahnung drohte der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter mit arbeitsvertraglichen Konsequenzen und sogar mit einer Kündigung, wenn er sich erneut derart unverschämt verhalte. Gleichzeitig stellte der Arbeitgeber klar, dass er seine Drohung wahrmachen werde, wenn der Mitarbeiter nach Beendigung des genehmigten Urlaubs nicht pünktlich wieder zur Arbeit erscheine.
Abmahnung führt nicht unbedingt zum Verbrauch des Kündigungsrechts
Als der Arbeitgeber wenige Tage später trotz dieser Abmahnung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Mitarbeiters in Händen hielt, nach der der betreffende Mitarbeiter über seinen Urlaub hinaus krankgeschrieben war, sah er die Zeit zum Handeln gekommen. Wenige Tage nach der Krankschreibung kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem unzuverlässigen Mitarbeiter. Der erwies sich aber zumindest in einer Weise als zuverlässig und erhob fristgerecht Klage vor dem Arbeitsgericht. Dort vertrat der Arbeitnehmer die Auffassung, der Arbeitgeber habe ihn für den Fall, dass er nach seinem Urlaub nicht zur Arbeit erscheine, bereits eine Abmahnung ausgesprochen. Eine solche Abmahnung sei aber lediglich ein Warnschuss und bedeute grundsätzlich einen Kündigungsverzicht. Sein Arbeitgeber habe ihn wegen des gleichen Verhaltens, für das er ihn abgemahnt habe, nicht auch noch kündigen können.
Das Landesarbeitsgericht konnte dieser Meinung aber nicht folgen. Zwar sei es grundsätzlich richtig, dass ein Arbeitgeber ein und dasselbe Fehlverhalten eines Mitarbeiters nicht zunächst abmahnen und anschließend auch noch zu einer Kündigung nutzen könne. Dies gelte aber ausnahmsweise nicht, wenn der Abmahnung des Arbeitgebers nach dem Empfängerhorizont zu entnehmen sei, dass er sich das Recht zur Kündigung wegen des speziellen Fehlverhaltens unter bestimmten Voraussetzungen doch noch vorbehalten wolle. Genau dies habe der Arbeitgeber im vorliegenden Fall aber getan. Aus dem eindeutigen Wortlaut der Abmahnung ergebe sich, dass der Arbeitgeber auf eine Kündigung nur dann verzichten wolle, wenn der Mitarbeiter nach Beendigung seines Urlaubs wieder pünktlich zur Arbeit erscheine. Der Arbeitgeber habe damit zum Ausdruck gebracht, dass er eine Abmahnung für die Drohung der künftigen Arbeitsunfähigkeit für ausreichend halte, wenn der Arbeitnehmer darauf verzichte, von seiner Drohung auch tatsächlich Gebrauch zu machen. Nur in diesem Fall hätte der Arbeitgeber die Abmahnung für ausreichend gehalten und es bei dieser belassen wollen. Ziel des Arbeitgebers sei es deswegen gewesen, dem Arbeitnehmer nur für den Fall eine “Bewährungschance” zu geben, wenn dieser nach Urlaubsende wieder ordnungsgemäß zur Arbeit erschienen wäre. Nach Ansicht der Richter lag der Fall hier jedoch anders, weil der Mitarbeiter sich selber um seine Bewährungschance gebracht habe, indem er die Drohung umgesetzt und sich mit Hilfe der Arbeitsunfähigkeit einfach selber den Urlaub verlängert habe.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.10.2004, Aktenzeichen: 5 Sa 279/04