Wenn Mitarbeiter auf Weltreise gehen möchten: Ein Leitfaden für Führungskräfte

Immer mehr Erwerbstätige, vor allem aus den jüngeren Generationen, teilen den Wunsch nach Ortsunabhängigkeit. Sie wünschen sich, die Vorteile der Festanstellung wie finanzielle Sicherheit mit persönlicher Freiheit vereinbaren zu können, beispielsweise für das Reisen. Für Führungskräfte wird es zunehmend wichtig, solche Wünsche zu erfüllen. Stichwort: Fachkräftemangel. Doch wie lässt sich eine längere (Welt-) Reise trotz Festanstellung umsetzen? Hier erfahren Sie die Antwort.
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Das Reisen gehört zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen. Vor allem junge Erwachsene träumen oft von der Weltreise nach ihrem Schulabschluss oder in den Semesterferien. Nur allzu oft fehlt dafür jedoch das Geld. Nach dem Berufseinstieg wäre dieses in der Theorie vorhanden, dafür macht in der Praxis die fehlende Zeit einen Strich durch die Rechnung. Längere Reisen durch mehrere Länder oder mit weiter An- sowie Rückreise lassen sich mit einer Festanstellung nur schwierig umsetzen. In vielen Unternehmen ist es unüblich, drei oder mehr Wochen am Stück Urlaub zu bekommen. Reisefieber und Jobsicherheit waren daher bislang ein Entweder-oder. Wer häufig oder für längere Zeit reisen wollte, entschied sich zumeist für ein selbständiges Arbeitsmodell, beispielsweise als „Digitaler Nomade“. Ein Trend, den jetzt zunehmend auch die Arbeitgeber erkennen – und an den sie sich anpassen (müssen).

Der Fachkräftemangel stößt ein Umdenken an

Immer mehr Unternehmen begreifen, dass solche Arbeitsmodelle auch in einer Festanstellung möglich und bei den jungen Fachkräften erwünscht sind. Sei es als dauerhafte Lösung, um ortsunabhängig zu arbeiten, oder einfach, um den Traum von der Weltreise einmalig umzusetzen: Wer seinen Mitarbeitern mehr örtliche Flexibilität bietet, genießt im Recruiting einen großen Wettbewerbsvorteil. Ortsunabhängigkeit kann somit zum ausschlaggebenden Argument werden, sich für oder gegen ein Jobangebot zu entscheiden; und damit zum wichtigen Erfolgsfaktor im „War for Talents“. Befeuert wird diese Entwicklung durch die fortschreitende Digitalisierung. Sie ermöglicht es in einer zunehmenden Anzahl an Jobs, die Tätigkeiten ganz oder teilweise ortsunabhängig zu erledigen. Das kann aus dem Homeoffice geschehen, aber eben auch von jedem anderen Ort der Welt. Flexible Arbeitsmodelle gewinnen für Unternehmen daher an Bedeutung. Für Führungskräfte bedeutet das, verschiedene Möglichkeiten zu entwickeln, um ihren Mitarbeitern den Wunsch nach einer längeren Reise zu erfüllen – und diese richtig umzusetzen. Ziel sollte also sein, ein Maximum an persönlicher Freiheit zu bieten, ohne dass dadurch die Produktivität oder Qualität der Arbeit leidet. Zudem müssen rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.

Mögliche Lösungen für eine Weltreise ohne Kündigung

Theoretisch ist es in vielen Jobs möglich, die Festanstellung dauerhaft mit dem Reisen zu verbinden, sozusagen als „Digitaler Nomade“ mit festem Arbeitgeber. In der Praxis bedeutet dieses Arbeitsmodell aber noch einen großen Koordinationsaufwand und viel gegenseitiges Vertrauen. Nicht jedes Unternehmen ist dafür bereit. Möchte Ihr Mitarbeiter aber nur einmalig – oder zumindest selten – auf längere Reisen gehen, sich vielleicht den Lebenstraum von einer Weltreise erfüllen, gibt es noch zahlreiche weitere Lösungsansätze. Welche Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung?

Jahresurlaube zusammenlegen.

Vollzeitbeschäftigte in Deutschland besitzen einen Urlaubsanspruch von mindestens 24 Tagen pro Jahr. In den meisten Unternehmen wird mehr gewährt. Zwei Jahresurlaube ergeben gemeinsam daher schnell zehn, zwölf oder mehr freie Wochen. Genug Zeit für eine (zumindest kleine) Weltreise. Viele Führungskräfte bewilligen aber nur wenige Wochen als zusammenhängenden Urlaub, vielleicht zwei oder drei. Diese Einstellung sollten Sie überdenken, wenn ein Mitarbeiter den Wunsch nach einer Weltreise äußert. Die Jahresurlaube zusammenzulegen, ist dann eine ebenso simple wie zufriedenstellende Lösung für beide Seiten. Natürlich gilt es dann, eine gemeinsame Lösung zu finden, wie die Zeit der Abwesenheit im Unternehmen sinnvoll überbrückt wird. Schließlich müssen die Aufgaben des betreffenden Mitarbeiters trotzdem erledigt werden. Die Wahl des richtigen Zeitraums, wenn es im Unternehmen sowieso ruhiger ist, oder einer temporären Vertretung wie durch einen Praktikanten, können Lösungsansätze darstellen.

Die „Remote Work“ ausdehnen.

Die Workation ist eine Mischung aus Urlaub und Arbeit. Das bedeutet für den Mitarbeiter, für eine gewisse Zeit ortsflexibel arbeiten zu können und dennoch nicht auf das Gehalt verzichten zu müssen. Sie als Führungskraft müssen also nur auf die persönliche Anwesenheit des Angestellten verzichten, nicht jedoch auf seine Arbeitsleistung. Auf den ersten Blick die perfekte Lösung. Auf den zweiten Blick bringt sie einige rechtliche Stolpersteine mit sich, die Sie kennen sollten: Es stellen sich beispielsweise Fragen der Arbeitssicherheit, der Versicherung, der Lohnsteuerpflicht oder der Arbeitszeitregelung. Genau genommen, gilt die Workation nicht als Urlaub, sondern als eine Art ausgedehnte „Remote Work“. Wurden jedoch all diese Fragen vorab geklärt, können beide Seiten von einer solchen Regelung profitieren – sei es dauerhaft oder nur für einen begrenzten Zeitraum.

Unbezahlten Urlaub anbieten.

Nicht immer ist die Mischung aus Urlaubs- und Arbeitszeit möglich oder erwünscht. Manche Arbeitnehmer legen größeren Wert auf die Zeit als auf das Geld. Unbezahlter Urlaub ist in solchen Fällen eine sinnvolle Option, wenn Sie für den Zeitraum auf die Arbeitsleistung verzichten können – oder eine Übergangslösung haben. Dadurch ist keine „Vorlaufzeit“ nötig, um beispielsweise ein Arbeitszeitkonto anzusparen. Zugleich ergeben sich für den Arbeitgeber wertvolle Ersparnisse. Besonders lohnend ist unbezahlter Urlaub demnach, wenn im Unternehmen gerade weniger Arbeit anfällt und somit Personalkosten eingespart werden können. Allerdings ergeben sich auch daraus Besonderheiten, beispielsweise bei den Versicherungen oder der Entgeltfortzahlung, die Sie kennen und berücksichtigen sollten.

Ein Sabbatical ermöglichen.

Eine beliebte Lösung für eine Weltreise von mehreren Monaten, vielleicht sogar einem ganzen Jahr, ist das Sabbatical. Es bietet eine Möglichkeit, eine längere Auszeit vom Job zu nehmen. Dafür stehen verschiedene Modelle zur Verfügung, sodass in der Regel jeder Mitarbeiter eine passende Lösung findet, ohne den Job kündigen zu müssen. Voraussetzung dafür ist die Einigung mit den Vorgesetzten – in diesem Fall mit Ihnen. Auch sie sollten daher die Sabbatical-Modelle kennen sowie einschätzen können, ob und wann diese infrage kommen:

  1. Arbeitszeitkonten, sprich der Arbeitnehmer sammelt in einem gewissen Zeitraum Überstunden an und darf diese anschließend über einen längeren, zusammenhängenden (!) Zeitraum abbauen. In Kombination mit dem Jahresurlaub lassen sich dadurch mehrere Wochen bis Monate an Freizeit erreichen. Allerdings gelten zu Überstunden strenge gesetzliche Regelungen, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen.
  2. Gehaltsreduktion, sprich der Mitarbeiter erhält für einen gewissen Zeitraum ein geringeres Gehalt und spart sich dadurch ein „Guthaben“ an. Dieses wird ihm während der Auszeit trotz Abwesenheit ausgezahlt. So bezieht er insgesamt zwar weniger Gehalt, muss aber zu keiner Zeit gänzlich darauf verzichten.
  3. Teilzeitmodell, sprich der Arbeitnehmer arbeitet zwar in Vollzeit, jedoch zum Gehalt für eine Teilzeitstelle. Auch dadurch spart er Arbeitszeit an und kann zum gleichbleibenden Gehalt für längere Zeit fernbleiben. Dieses Modell funktioniert ähnlich einer Gleitzeitregelung.
  4. „Time-Out“-Modell, sprich der Mitarbeiter wird für die Zeit des Sabbaticals vollständig von seinem Job freigestellt und erhält keine Bezüge. Trotzdem wird seine Stelle für ihn freigehalten, sodass er nach seiner Weltreise nahtlos anknüpfen kann und die Sicherheit des unbefristeten Arbeitsvertrags nicht aufgeben muss. Dieses Modell eignet sich besonders gut für wirtschaftlich schwierige Zeiten, muss aber ebenfalls innerhalb der rechtlichen Grenzen umgesetzt werden.

Übrigens: Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes haben einen Anspruch auf regelmäßige Auszeiten. Wann und in welcher Form, ist im jeweiligen Landesrecht geregelt.

Kommt hingegen keine der genannten Lösungen für Sie oder Ihren Mitarbeiter infrage, bleibt noch eine letzte Option: Vielleicht lässt sich das Berufliche mit dem Privaten verbinden. Manchmal können Mitarbeiter ihre Geschäftsreisen ausdehnen, als Expat ins Ausland gehen, eine Weiterbildung im Ausland belegen oder ein Auslandsstudium absolvieren. Auch so lässt sich die Reiselust manchmal stillen, ohne dass jemand Nachteile in Kauf nehmen muss.

Sie können im Gegenteil sogar davon profitieren, wenn Ihre Mitarbeiter die Welt bereisen. Denn sie bringen neue Lebenserfahrungen, bessere Sprachkenntnisse, wertvolle Kontakte oder frische Ideen mit. Auch deshalb lohnt es sich, als Führungskraft diesem neuen Trend offen gegenüberzustehen. Vor allem aber können Sie dadurch eine Kündigung verhindern und ein wichtiges Argument für das unternehmenseigene Employer Branding generieren.