Die Etikette-Regeln der Pünktlichkeit: Diese Grundsätze gelten

Sie kennen doch sicherlich auch einige Menschen, die überfüllte Terminpläne, Geschäftigkeit und Stress als Statussymbole ansehen. Für diese ewig Gehetzten sind das DIE Signale gesellschaftlicher Bedeutsamkeit und wirtschaftlichen Erfolgsstrebens – und legitimieren automatisch Verspätungen und Unpünktlichkeit. Man hat ja schließlich sooooo viel zu tun.

Doch diese Zeiten sind vorbei! Pünktlichkeit wird laut dem Großen Knigge heutzutage als Tugend wieder hoch geschätzt.

Damit es überhaupt nicht zu Unpünktlichkeiten kommen kann und um Missverständnisse zu vermeiden, ist es wichtig, dass Gastgeber und Gast die gleiche Sprache sprechen. Die Bedeutung dieser Zeitkürzel sollten Sie kennen: „s. t.“ und „c. t.“. Denn bei offiziellen Einladungen werden diese Abkürzungen häufig verwendet – und stiften genauso häufig Verwirrung.

  • „s. t.“ (lateinisch „sine tempore“) bedeutet wörtlich übersetzt „ohne Zeit“. Man erwartet absolute Pünktlichkeit von Ihnen. Beginnt z. B. ein Festakt um 11 Uhr s. t., dann sollten Sie nicht nur um 11 Uhr da sein, sondern bereits auf Ihrem Platz sitzen.
  • „c. t.“ (lateinisch „cum tempore“) heißt „mit Zeit“. Beginnt die Veranstaltung um 11 Uhr c. t., haben Sie 15 Minuten Zeit, um Ihren Platz einzunehmen: Um 11:15 Uhr beginnt der Festakt.

Statt „c. t.“ wird auch manchmal die Bezeichnung „akademisches Viertel“ verwendet, da viele Universitäten diese Verspätung gewähren. Ursprünglich diente die erste Viertelstunde der Vorlesung nämlich dazu, den Stoff der letzten Stunde zu wiederholen. Wer darauf verzichten wollte, durfte 15 Minuten später eintreffen. Heute bedeutet „9 Uhr c. t.“, dass alle Studierenden um 9:15 Uhr ihre Plätze eingenommen haben sollten und die Vorlesung auch erst dann beginnt.

Fünf Minuten vor der Zeit sind allerdings nicht immer des „Königs Höflichkeit“. Gerade bei privaten Einladungen sollten Sie weder zu früh noch zu spät erscheinen. Es hängt von der Formulierung ab. Lautet die Einladung „Wir laden Sie um 20 Uhr zum Abendessen ein“, sollten Sie möglichst um Punkt 20 Uhr an der Tür läuten.

Wollen Sie als Gastgeber(in) Ihren Gästen mehr Spielraum gewähren, empfiehlt Der große Knigge folgende Formulierungen:

  • „Wir bitten Sie zwischen 19 Uhr und 19:30 Uhr zum Aperitif. Das Essen beginnt um 19:45 Uhr.“
  • „Ab 18 Uhr steht die Tür unserer neuen Wohnung für euch offen. Das Buffet ist für 19 Uhr bestellt.“
  • „Die Party beginnt ab 21 Uhr, das Ende ist offen.“

Bei diesen Formulierungen weiß der Gast, dass es auf ein paar Minuten nicht ankommt.

Als Gastgeber können Sie den Zeitrahmen auch vorab festlegen:

  • „Wir laden Sie herzlich von 10 bis 13 Uhr zum Brunchen ein.“
  • „Wir laden Sie herzlich zu einem Empfang zwischen 10 und 14 Uhr ein.“

In dieser Zeitspanne können die Gäste kommen und gehen. Für die Eingeladenen gilt: Sie sollten mindestens eine halbe bis eine Stunde bleiben, alles andere wäre unhöflich.

PS: Wussten Sie eigentlich, dass „Zeit haben“ DAS neue Statussymbol ist? Der deutsche Schriftsteller Rudolf Hagelstange (1912–1984) erkannte die Trendwende frühzeitig. Er schrieb: „Die wirklich Reichen in unserer hektischen Welt sind die Leute, die Geld und Zeit haben.“ Diese neue Definition von Reichtum entspricht dem Zeitgeist. Sie zeigt auf, dass unsere Lebensqualität nicht nur vom finanziellen Wohlstand, sondern auch vom Umgang mit der Zeit abhängt. Betrachten Sie Pünktlichkeit als einen Luxus, den Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen gönnen.