Kündigung: Hierzu sollten Sie zunächst folgende Grundsätze kennen:
- Während einer Krankschreibung muss Ihr Arbeitnehmer alles unterlassen, was die Wiedergenesung gefährdet oder verzögert.
- Er darf aber alles tun, was sein Gesundheitszustand zulässt.
Beispiel:
Mit einem Bandscheibenvorfall kann Ihr Mitarbeiter zwar nicht Fußball spielen, aber vielleicht einen kleinen Spaziergang in der Stadt machen.
Ob Sie bei Verstößen gegen diese Regeln aber gleich kündigen können? Hierbei können Sie sich an diesen beiden Praxisfällen orientieren:
Kündigung: Fall 1
Der Fall: Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer hatte während seiner Arbeitsunfähigkeit privat auf Baustellen gearbeitet. Als der Arbeitgeber dies erfuhr, kündigte er ihm fristlos. Dies begründete er damit, dass die Krankheit nur vorgetäuscht sei.
Das Urteil: Vor Gericht kam der Arbeitgeber damit jedoch nicht durch. Ein Arbeitgeber müsse die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zunächst grundsätzlich akzeptieren. Sich nur darauf zu berufen, die Krankheit sei vorgetäuscht, reiche für eine Kündigung nicht aus – so die Richter (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.10.2004, 5 TaBV 10/04).
Fazit: Der Arbeitgeber hat seine Kündigung hier schlichtweg falsch begründet. Er hätte z. B. die Glaubwürdigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung konkret anzweifeln müssen, etwa durch den Hinweis, der Arbeitnehmer habe den die Bescheinigung ausstellenden Arzt durch Simulation getäuscht, der Arzt sei für Gefälligkeiten bekannt o. Ä.
Nach Ansicht der Richter hätte der Arbeitgeber aber auch bessere Karten gehabt, wenn er seine Kündigung damit begründet hätte, dass sich der Arbeitnehmer genesungswidrig verhalten hat.
Meine Empfehlung: Haben Sie keine stichhaltigen Anhaltspunkte, um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu entkräften, dann stützen Sie Ihre Kündigung auf genesungswidriges Verhalten.
Kündigung: Fall 2
Der Fall: Ein Arbeitnehmer war als Straßenbauarbeiter beschäftigt. Ohne eine Nebentätigkeitsgenehmigung einzuholen, meldete der Mitarbeiter ein Gewerbe an: Er bot einen „Rund-um-Service für Haus und Garten“ an. Der Arbeitnehmer meldete sich kurze Zeit später arbeitsunfähig krank und legte dafür auch ein ärztliches Attest vor. Später erfuhr der Arbeitgeber, dass sein „kranker“ Mitarbeiter noch am Tag der Krankmeldung für einen Privatmann Gartenarbeiten erledigt hatte, und mahnte ihn ab. Als sich der Sachverhalt wiederholte, kündigte er fristlos.
Das Urteil: Die Kündigung hatte vor Gericht Bestand: Denn der Arbeitnehmer habe hier in großem Umfang Arbeiten verrichtet, zu denen er auch im Arbeitsverhältnis verpflichtet gewesen wäre; außerdem habe er trotz Abmahnung gegen das Nebentätigkeitsverbot verstoßen (AG Nürnberg, Urteil vom 7.9.2004, Az. 6 Sa 116/04).
Fazit: Hier ging die Kündigung – anders als im obigen Fall – durch: Zum einen hatte sich der Arbeitgeber nicht auf eine (angeblich) vorgetäuschte Krankheit gestützt, sondern auf das genesungswidrige Verhalten. Und dieses konnte er auch begründen,
- denn die Nebentätigkeit und die Tätigkeit im Hauptarbeitsverhältnis waren quasi deckungsgleich,
- deswegen behinderte die Nebentätigkeit den Heilungsprozess nachweislich und
- zudem war der Mitarbeiter wegen des gleichen Sachverhalts schon abgemahnt worden.