Die Besonderheit im deutschen Arbeitsrecht: Vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegende Beschäftigungszeiten werden bei der Berechnung der Dauer der Betriebszugehörigkeit nicht mitgerechnet. Das ist laut dem EuGH-Urteil (Az. C-555/07) aber nicht zulässig. Deshalb:
Wenn Sie kündigen, rechnen Sie ab sofort (!) alle Beschäftigungsjahre mit – inklusive der Ausbildungsjahre. Denn nach einem früheren Urteil des BAG (Urteil vom 2.12.1999, Az. 2 AZR 139/99) zählen bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Ausbildungsjahr mit, wenn der Azubis im Betrieb aus dem Berufsausbildungsverhältnis ins Arbeitsverhältnis übernommen wurde.
Im Urteil damals hieß es zwar im Leitsatz noch ergänzend „soweit die Ausbildung im Unternehmen nach der Vollendung des 25. Lebensjahres des Auszubildenden erfolgte“. Doch die 25-Jahre-Altersgrenze ist seit gestern definitiv vom Tisch.
Damit schwenke ich hinüber zu einem ebenfalls aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Das dreht sich um die Frage:
Gesetzliche Kündigungsfristen: Was müssen Sie einem Leiharbeitnehmer denn jetzt zahlen?
In § 8 Abs. 3 des AentG, des Arbeitnehmerentsendegesetzes, ist geregelt, dass Leiharbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf den jeweiligen Branchen-Mindestlohn haben. So weit, so gut.
Doch in Deutschland gibt es zu jeder ursprünglich mal klar gedachten Gesetzesregelung garantiert irgendwo und irgendwie immer eine Ausnahme. So auch hier!
Voraussetzung für diesen Anspruch auf den „Branchen-Mindestlohn“ ist nämlich, dass der Entleiherbetrieb auch in den Geltungsbereich des AEntG beziehungsweise des Mindestlohn-Tarifvertrags fällt. Das bedeutet konkret: Um Anspruch auf den Mindestlohn zu haben, reicht es NICHT aus, wenn der Leiharbeitnehmer Tätigkeiten aus dem Bereich eines Gewerbes ausübt, für den eine Mindestlohn-Regelung gilt (BAG 21.10.2009, Az. 5 AZR 951/08).
Damit konnte sich ein bei einem Zeitarbeitsunternehmen als Produktionshelfer/Hilfskraft beschäftigter gelernter Maler vor Gericht nicht durchsetzen, der von seinem Zeitarbeitsunternehmen für drei Monate an einen Lackiererbetrieb als Maler „verliehen“ wurde. Das Zeitarbeitsunternehmen zahlte ihm auch für diese Tätigkeit nur den arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttostundenlohn von 7,00 € und nicht den nach dem Tarifvertrag im Maler- und Lackiererhandwerk geltenden Mindestbruttostundenlohn von 7,85 €. Zu Recht, so die Richter am BAG.
Denn nach § 1 Abs. 2a AEntG bzw. jetzt § 8 Abs. 3 AEntG kommt es nicht darauf an, ob eine ausgeübte Tätigkeit von einer Mindestlohn-Regelung erfasst wird, sondern darauf, dass die auszuübende Tätigkeit in den Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags oder einer Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a AEntG a.F. fällt.
Deshalb hat der klagende Arbeitnehmer hier keinen Anspruch auf den Mindestlohn für gewerbliche Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk, da das Unternehmen, für das er als Maler tätig war, keinen Maler- oder Lackiererbetrieb betreibt.