Zunächst hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Kündigung im vergangenen Jahr bestätigt – obwohl die Kassiererin schon 31 Jahre für das Unternehmen gearbeitet hatte. Dieses Urteil hat für Aufsehen und Kopfschütteln gesorgt. Am Donnerstag vergangener Woche hat das Bundesarbeitsgericht dieses Urteil nun aufgehoben. Die Kündigung war nicht rechtens.
Sie müssen Ihren Mitarbeitern blind vertrauen könnnen
Wenn es Ihnen so geht wie mir, dann können Sie – menschlich gesehen – die Erleichterung über diese freundliche Entscheidung gut verstehen. Aber gleichzeitig haben bestimmt auch Sie gemischte Gefühle – besonders dann, wenn Sie selbst Arbeitgeber sind... Dann nämlich wissen Sie: Sie sind darauf angewiesen, dass Sie Ihren Mitarbeitern zu 100 % vertrauen können. Sie brauchen Leute, denen Sie Geld, wertvolle Geräte und Waren oder sensible Daten anvertrauen können – ohne sich konstant Sorgen machen zu müssen. Ebenso wenig wollen Sie eine Totalüberwachung mit Video-Kameras und Taschenkontrolle in Ihrem Unternehmen.
Kündigung wegen Diebstahls eines Kleinstbetrages?
Und wenn Sie nun zufällig mitbekommen, dass Ihnen ein Mitarbeiter einen Kleinbetrag klaut – wie zum Beispiel 1,30 €: Was sollten Sie in diesem Fall anderes tun, als konsequent zu reagieren? Stimmt – 1,30 € ist ein geringer Betrag. Aber wo sollten Sie die Grenze ziehen? Wenn Sie darüber hinwegsehen würden, wären es beim nächsten Mal 5 €, oder 10 € usw. Und was ist mit der Beispielfunktion? Bekommt ein Mitarbeiter mit, dass der Kollege ungestraft 1,30 € einstecken darf, dann kann es schnell passieren, dass auch er seine Hemmungen verliert...
Wann Gerichte eine außerordentliche Kündigung bestätigen
So sehen es übrigens durchweg auch die Gerichte. Immer wieder wurden außerordentliche Kündigungen gerichtlich bestätigt, auch wenn es um vermeintliche Kleinigkeiten ging. Hier 3 Beispiele:
- Bei einer Taschenkontrolle wird unbezahltes und ausgepacktes Parfum gefunden, das die Mitarbeiterin angeblich noch bezahlen wollte (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.08.2007, Az.: 15 Sa 1017/07).
- In Wohnung, Auto und Spind eines Arbeitnehmers werden Pkw-Ersatzteile gefunden, die aus dem Betrieb des Arbeitgebers stammen (LAG Hessen, Urteil vom 29.10.2003, Az.: 6 Sa 1113/02).
- Die Ex-Lebensgefährtin eines Mitarbeiters teilt dem Arbeitgeber mit, dass ein abgerechneter Dienstunfall nur vorgetäuscht worden war (LAG Köln, Urteil vom 26.03.2007, Az.: 14 Sa 1332/06).
Tipp: Bei kleinen Beträgen wie im Fall „Emmely“ reagieren Sie mit einer Abmahnung und damit verbundener Kündigungsandrohung. So zeigen Sie dem Mitarbeiter, dass Sie keine Verstöße dulden – ohne sofort unmenschliche Härte zu zeigen.