Wenn Sie langzeiterkrankte Arbeitnehmer entlassen müssen, gilt es, hohe Hürden zu überwinden. Damit Ihnen hierbei keine (teuren) Fehler passieren, habe ich das Wichtigste für Sie in dieser kleinen 3-teiligen Serie zusammengefasst.
krankheitsbedingte Kündigung: Was die personenbedingte Kündigung von anderen Kündigungsformen unterscheidet
In größeren Unternehmen belasten sie „nur“ den Personaletat. In Kleinbetrieben aber werden sie schnell zu einem existenziellen Problem: Mitarbeiter, die wegen einer Krankheit für längere Zeit nicht an ihrem Arbeitsplatz sind. Deshalb führt an der Kündigung solcher Mitarbeiter bedauerlicherweise oft kein Weg vorbei. Und diese Form der Kündigung hat sogar einen Vorteil:
Bei einer Kündigung aus Krankheitsgründen ist die Abmahnung überflüssig. Das hat einen guten Grund: Während Sie als Arbeitgeber – mit Ausnahme der Kündigung aus wichtigem Grund – einem Mitarbeiter vor einer verhaltensbedingten Kündigung zunächst unbedingt die „gelbe Karte“ zeigen müssen, ist diese Art der Verwarnung bei einem dauerhaft erkrankten Mitarbeiter nicht erforderlich. An seiner Krankheit kann der Mitarbeiter nämlich nichts ändern.
Schritt 1: Fragen Sie sich, ob die Kündigung der letzte Ausweg ist
Eines haben alle Kündigungen gemeinsam: Bevor Sie sich als Arbeitgeber entscheiden, das Arbeitsverhältnis mit einem Mitarbeiter einseitig zu beenden, müssen Sie sich fragen, ob die Kündigung auch wirklich der letzte Ausweg ist. Anders gesagt: Die Weiterbeschäftigung des
Mitarbeiters in Ihrem Betrieb muss Ihnen als Arbeitgeber unzumutbar sein.
Bei der Kündigung aus Krankheitsgründen kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: Es darf in Ihrem Betrieb keinen anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz geben, an dem Sie den betreffenden Mitarbeiter weiterbeschäftigen können. Denn:
Bei einer personenbedingten Kündigung sind Sie als Arbeitgeber verpflichtet, jede mögliche zumutbare und geeignete Maßnahme zu ergreifen, durch die Sie eine Kündigung vermeiden können (BAG, Urteil vom 12.07.2007, Az. 2 AZR 716/06). Die einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Sie als Arbeitgeber muss also die „Ultima Ratio“ sein. An der Kündigung darf kein Weg vorbeiführen.
Achtung:
Ist der Mitarbeiter krankheitsbedingt dauerhaft nicht im Stande, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung an seinem Arbeitsplatz zu erbringen, oder ist seine Leistungsfähigkeit infolge der Krankheit eingeschränkt, müssen Sie sogar noch einen Schritt weiter gehen. Es genügt nicht, wenn Sie sich in Ihrem Betrieb auf die Suche nach einem freien Arbeitsplatz gemacht und keine freie Stelle gefunden haben. Als Arbeitgeber müssen Sie vielmehr einen leidensgerechten Arbeitsplatz freimachen oder sogar schaffen, soweit dies im Rahmen Ihres Direktionsrechts möglich ist (BAG, Urteil vom 12.07.2007, Az 2 AZR 716/06).
Wichtiger Hinweis!
Bei der Prüfung, ob Sie einen dauerhaft erkrankten Mitarbeiter leidensgerecht in Ihrem Betrieb beschäftigen können, müssen Sie gegebenenfalls auch Arbeitsabläufe ändern oder Aufgaben anders verteilen, so dass der erkrankte Mitarbeiter seiner körperlichen Beeinträchtigung entsprechend weiterhin eingesetzt werden kann. Ist dies nicht möglich, müssen Sie sogar die Versetzung anderer Mitarbeiter in Erwägung ziehen, um auf diese Weise einen leidensgerechten Arbeitsplatz für den betreffenden Mitarbeiter freizumachen (BAG, Urteil vom 29.01.1997, Az. 2 AZR 9/96).
Tipp:
Allerdings müssen Sie als Arbeitgeber keinen leidensgerechten Arbeitsplatz freimachen, indem Sie einen anderen Mitarbeiter, der auf einem solchen Arbeitsplatz beschäftigt ist, entlassen. Das heißt, Sie müssen einen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht freikündigen.
Genauso wenig sind Sie als Arbeitgeber verpflichtet, das Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem zuständigen Arbeitsgericht einzuleiten, wenn Ihr Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung verweigert, mit der für den ständig erkrankten Mitarbeiter ein leidensgerechter Arbeitsplatz freigemacht werden soll (BAG, Urteil vom 29.01.1997, Az. 2 AZR 9/96).
Schritt 2: So führen Sie das betriebliche Eingliederungsmanagement richtig durch
Kaum bekannt und deswegen auch kaum beachtet wird im Vorfeld einer personenbedingten Kündigung wegen Krankheit das betriebliche Eingliederungsmanagement.
Dabei sind Sie als Arbeitgeber nach § 84 Absatz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX) gesetzlich verpflichtet, vor jeder personenbedingten Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen (BAG, Urteil vom 12.07.2007, Az. 2 AZR 716/06).
- Das betriebliche Eingliederungsmanagement dient vorranging dem Zweck, umgehend zu klären,
- ob und wie die Arbeitsunfähigkeit des erkrankten Mitarbeiters überwunden werden kann,
- mit welchen Hilfen und Leistungen eine erneute Arbeitsunfähigkeit zu verhindern ist und
- wie der Arbeitsplatz erhalten, die Fähigkeiten des Mitarbeiters weiter genutzt und eine erhöhte Einsatzfähigkeit und Produktivität sichergestellt werden können.
Tipp:
Erforderlich ist die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements aber nur, wenn der von der personenbedingten Kündigung betroffene langzeiterkrankte Mitarbeiter noch fähig ist, am Arbeitsleben teilzunehmen. Es muss die Chance bestehen, dass der betroffene Mitarbeiter zum maßgeblichen Zeitpunkt noch in der Lage ist, zumindest eine vernünftige Restbeschäftigung auszuüben (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.03.2008, Aktenzeichen: 6 Sa 665/07).
Wichtiger Hinweis!
Lassen Sie sich nicht irritieren: Auch wenn das betriebliche Eingliederungsmanagement im SGB IX, das die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben regelt, verankert ist, müssen Sie die entsprechenden Maßnahmen auch bei der Kündigung von nicht behinderten Langzeiterkrankten durchführen.