Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Unternehmen eine Minijobberin auf 400-Euro-Basis eingestellt. Um sie möglichst flexibel einsetzen zu können, wurde mit ihr ein Arbeitszeitkonto vereinbart. Folge:
Die Minijobberin leistete im März 2010 etwa 134 Arbeitsstunden, erhielt jedoch als Arbeitsvergütung für 52,62 Stunden einen Betrag von 399,98 EUR. Auch in den Folgemonaten wurde jeweils dieser Betrag gezahlt, wodurch sich bis Oktober 2010 auf dem Arbeitszeitkonto rund 182 zusätzliche Stunden ansammelten.
Da die Überstunden sich häuften, entschied sich der Arbeitgeber, rückwirkend ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis anzumelden. Von dem der Arbeitnehmerin noch zustehenden Entgelt in Höhe von 4.642,18 Euro behielt er 1.381,60 Euro für Steuern und die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ein. Die Arbeitnehmerin reagierte sauer - und forderte auch diesen von ihrem Arbeitgeber. Begründung: Schließlich habe er ja die „illegale Handhabung“ veranlasst. Deshalb sei er wegen Verletzung der Fürsorgepflicht schadensersatzpflichtig.
Die Entscheidung:
Das LAG Rheinland-Pfalz hat entschieden: Entsteht im Minijob rückwirkend Versicherungspflicht, können die betroffenen Arbeitnehmer einen Vermögensschaden in Höhe der rückwirkend anfallenden Abgaben für Steuern und Sozialversicherung geltend machen. Dafür haftet dann Ihr Unternehmen, wenn dem Arbeitnehmer kein Mitverschulden zur Last gelegt werden kann (Az. 6 Sa 608/11)
Tipp:
Ein Mitverschulden liegt dann vor, wenn, wie im entschiedenen Fall, der Minijobber es über einen längeren Zeitraum hingenommen hat, dass sich ein so enormes Zeitguthaben auf dem Arbeitszeitkonto ansammelt. Damit hat er letztendlich die viele Mehrarbeit gebilligt. Aus diesem Grundwurde der Schadenersatzanspruch im zugrundeliegenden Fall um 50 % reduziert.
Meine Empfehlung:
Kontrollieren Sie bei Ihren Minijobbern regelmäßig das Arbeitszeitkonto. Das LAG Rheinland-Pfalz nimmt Sie hier in die Pflicht.
Tipp:
Fällt Mehrarbeit an, so bietet Ihnen das Gesetz eine interessante Gestaltungs-Möglichkeit:
400-€-Kräfte dürfen die Grenze von 4.800 €/Jahr durch unerwarteten Zusatzverdienst in bis zu 2 Monaten pro Jahr überschreiten.
Beispiel: Eine Schreibkraft, die sonst 400 €/Monat verdient, übernimmt im November und Dezember 2012 die Krankheitsvertretung für eine Vollzeitkraft und verdient monatlich 2.000 €. Trotzdem bleibt der Status als 400-€-Kraft erhalten. Denn der Zusatzverdienst entsteht durch ein unvorhersehbares Ereignis in höchstens 2 Monaten.